von Jette Jordbaer, veröffentlicht: Sonntag, 10. November 2024, 22:20 Uhr
Woodwalkers
Eine kleine Rezension
Heute versuche ich mich mal an einer kleinen Rezension. War ich doch im Kino, und würde gerne den Film ´Woodwalkers´ besprechen, der am 24. Oktober in den Kinos startete und mit exakt 103 Minuten Spieldauer aufwartet. Plus 30 (oder waren es 40) Minuten Werbe-Brainwashing und Vorstellung neuer Trash-Filme davor. Uff!
Inhalt
Woodwalkers ist eine Kinderbuchreihe der Autorin und Journalistin Katja Brandis (alias Sylvia Englert). Die Hauptperson ist Carag, ein Puma (auch Berglöwe genannt), der sich dazu entscheidet, seine Familie zu verlassen, um in seiner zweiten Gestalt - nämlich als Menschenjunge - bei den Zweibeinern zu leben.
Er kommt bei einer Pflegefamilie unter und wird dann aber - weil er eben besonders ist (obwohl die Adoptivfamilie nichts von seinen Fähigkeiten ahnt und Carag dies geheim hält) - auf die Clearwater Highschool geschickt - eine Schule, die extra für Gestaltwandler wie Carag eingerichtet wurde. Carag schließt daraufhin Freundschaft mit Holly (einer Eichhörnchen-Wandlerin o-oh, Puma und Eichhörnchen! ;) und Brendon (einem Bison-Wandlerjungen).
Und natürlich dürfen Feinde nicht fehlen wie das Wolfsrudel, zu dem der Anführer Jeffrey und Tikaani (ein Wolfsmädchen) gehören. Carag wird sich bald nicht nur zu Lou, einem Wapiti-Elch-Mädchen, sondern auch zu Tikaani, der Wölfin, hingezogen fühlen.
Kommen wir noch zum Hauptbösewicht der Reihe, eine erwachsene Person, die Andrew Milling heißt, der ein Millionär und Sponsor der Schule und - genau wie Carag - ein Puma-Wandler ist, was wohl sehr selten ist, weshalb er zu seinem Mentor wird.
Milling hat schlechte Erlebnisse mit Menschen gehabt. Seine Frau und Tochter wurden von einem Jäger erschossen und als Jagd-Trophäen im Internet ausgestellt. Seitdem sinnt er auf Rache und möchte Carag auf seine Seite ziehen, da die Menschen die Natur und den Lebensraum der Woodwalkers zerstören und man den Menschen Einhalt gebieten muss, koste es, was es wolle.
Selbst, wenn was dran ist an Millings Statements: Carag wird im Verlauf der Serie gegen ihn kämpfen und versuchen ihm das Handwerk zu legen.
Zum Film
Den Cast fand ich toll, insbesondere die Woodwalker-Direktorin und Weißkopf-Seeadlerin Melissa Clearwater, Mister Bridger (einer von Carags Gestaltwandler-Lehrern, denen er sich anvertraut) und seine Pflegemutter. Auch Holly und Brendan fand ich gut besetzt. Dass Carag braunhaarig statt blond ist, war unerheblich. Ich finde, sie haben einen guten Darsteller für die Hauptperson gefunden.
Ich habe bereits Rezensionen gelesen, in denen behauptet wird, dass die Schauspieler hier und da hölzern wirken. Dieser Meinung bin ich nicht (wenn man mal von dem Adoptivvater absieht, der wirklich grottig spielt, tut mir leid). Und hier komme ich schon zur Kritik: Ich denke, dass das Drehbuch oder die Dialoge einfach Schwächen hatten und der Regisseur - oder wer auch immer sich um die Umsetzung eines (schlechten) Drehbuchs kümmert - eben nicht genug darauf geachtet hat, dass es nicht unrealistisch oder hölzern rüberkommt.
Junge Schauspieler müssen angeleitet werden. Ich glaube kaum, dass irgendjemand von denen eine Schauspielschule besucht hat, das würde mich doch sehr wundern. Also ist es Sache des Regisseurs, dass das Spiel nicht hölzern rüberkommt. Und wenn Dialoge im Drehbuch fehlen oder nicht natürlich wirken, dann muss man sie halt abändern. Manche Unlogik merkt man ja auch erst beim Spielen und bespricht mit dem Regisseur oder den Schauspielern, dass das, was im Drehbuch steht, nicht so gut wirkt.
Positives
Die Naturaufnahmen und die Kulisse waren wunderbar. Auch die Musik und die Special-Effects. Erstaunlich, wie sie das mit den ganzen Tieren hinbekommen haben, denn die waren alle echt und mussten für den Film trainiert werden. Ich finde, auch die meisten Darsteller haben ihre Rollen sehr gut gespielt.
Kritik
Nun zur Kritik an diesem Film. Es ist sehr schade, dass man direkt zwei Bände in den ersten Film gepackt hat. Meines Erachtens ein großer Fehler. Man hätte sich erst mal ausgiebig mit allen Charakteren der Woodwalkers-Reihe auseinandersetzen und sie vorstellen ´müssen´ mit allen Stärken und Schwächen und Beziehungen untereinander und zu Carag. Das wäre die Hauptaufgabe des allerersten Films gewesen. Und damit wären viele sicher auch zufrieden gewesen, ohne gleich Mr. Milling so detailliert in Szene zu setzen.
Leider hält sich der Film damit nicht lange auf und beschränkt sich hauptsächlich auf Andrew Milling neben Holly, Brendon, Lou und dem Wolfsrudel. Manche Charaktere wurden sogar ganz gestrichen.
Schwerer Fehler!
Zum Zweiten - was vielen sicher nicht gefallen hat - ist, dass der Film sich - wie bereits angedeutet - ganz stark auf Andrew Milling fokussiert. Statt bei den Jugendlichen (oder ´Kindern´) zu bleiben, wird das Gewicht ganz stark verlagert auf den erwachsenen Bösewicht und Gegenspieler, der Carag auf seine Seite zu ziehen versucht und dadurch gerät die Geschichte in ein Ungleichgewicht und kippt ins Schwere.
Statt sich in dem ersten Film so stark auf Milling zu konzentrieren, hätte man sich noch stärker auf die Liebe zu Lou (dem Wapiti-Mädchen) konzentrieren sollen. Darin lag auch etwas Spannendes, denn wenn sich ein Puma in ein Wapiti verliebt? Ui, das wird schwierig. Und allgemein ist es auch das, was Menschen interessiert: das Zwischenmenschliche und die Liebe.
Schwerer Fehler!
In dem ersten Band 'Carags Verwandlung' wird Carag als Puma von einem Jäger angeschossen und wacht auf der Krankenstation in der Clearwater Highschool auf. Und wer sitzt neben ihm? Lou natürlich! Wer sonst?! Florence Nightingale lässt grüßen. Ich meine, ja, genau das wollen wir doch als Zuschauer sehen. Aber was macht der Film?
Im Film wacht Carag bei Andrew Milling auf. Oh, mein Gott. Is´ nicht euer Ernst, oder? Was ist da los? SCHWERER, SCHWERER FEHLER! Da kann ich nur sagen: Wer hat das Drehbuch geschrieben?
Katja Brandis hat das Buch so gut geschrieben. Warum hat sich der / die Drehbuch-Autor(in) nicht einfach an die Original-Vorlage gehalten? Ehrlich, es wäre tausendmal besser gewesen.
Auch den Anfang des Films hätte ich genauso umgesetzt wie im Buch beschrieben. Statt hinterher im Zimmer der Direktorin zu erzählen, wie Carag eigentlich zu seiner Pflegefamilie gekommen ist, hätte man das alles zeigen und detailliert einführen können. Klar, wahrscheinlich wollten sie Zeit sparen (weil ja alle Fans der Reihe wissen, wie es passiert ist), aber genau das war der Fehler. Warum habt ihr euch nicht mehr Zeit genommen? Ein wichtiges Kriterium für eine Geschichte ist "Show, don´t tell". Das wurde meiner Meinung nach absolut verbockt.
Is das normal?
Dann gibt es noch Szenen, wo ich dachte: Was ist da los? Das kann ich jetzt gar nicht glauben. Würde ein normaler Mensch so reagieren? Als Bison Brendon mit seinem harten Schädel das Auto der Pflegefamilie rammt und der vordere Teil des Autos geschrottet wird, und die Familie dann vor der Schule vorfährt und Carag als Menschenjunge herbeigelaufen kommt, da wäre doch die erste Reaktion: "Ist euch was passiert? Seid ihr verletzt?" Nix. Carag fragt nicht nach. Denn er hatte keinen Text, da stand nix im Drehbuch.
Pflege-Mutter und Tochter Melody stehen erst mal unmotiviert rum, schauen das Auto gar nicht an. Der Vater steht neben dem Auto und fummelt an seinem Handy herum, als ob er nachschauen wollte wie das Wetter wird (ist das normal?). Kein, oh, Scheiße, seht euch den Wagen an? Der ist Schrott. Was das kosten wird ... etc.
Aber vielleicht sollte die gleichgültige Reaktion ja auch so was wie eine umweltfreundliche Message sein à la: Seht her, das Auto interessiert uns gar nicht. Autos sind nicht wichtig, das hier ist ein Film, der sich mit Arten-/Naturschutz befasst. Und das uns gerade ein Bison vor die Haube gelaufen ist, ist auch ganz normal und hat uns nicht weiter erschüttert, da wir hart im Nehmen sind. Das passiert uns ja tagtäglich.
Is das normal?
Noch so´n Schnitzer: Carag sieht seine Pflegefamilie sehr selten und sie kommen zu Besuch und wollen einen Wanderausflug mit ihm machen, wo er gerne mit dabei sein wollte. Aber dann schließt er sich an dem Tag dem Projekt von Andrew Milling an und sagt seiner Pflegemutter am Handy ab. Und deren Reaktion? Normal wäre sicher gewesen: "Oh, wie schade. Wir sehen uns doch so selten. Das hatten wir doch geplant. Warum hast du´s dir denn anders überlegt? Kannst du deine Sache nicht verschieben?" So oder so ähnlich. Wie reagiert die Adoptivmutter? Gar nicht. Sie nimmt es ohne Protest hin und gut is. Sie hätte nur noch mit den Schultern zucken müssen nach dem Motto: Na ja, is ja eh nur ein Film, nicht wahr? (ha,ha)
Is das normal?
Ist es normal, dass man die Hand eines Mädchens ergreift, mit dem man sonst nie Berührungen ausgetauscht hat? Carag ergreift - nachdem er seine Pflegefamilie gerettet hat - ganz selbstverständlich Lous Hand, und sie halten miteinander Händchen, als würden sie miteinander gehen. Aber warum? Wie kommt es zu dieser Nähe? Tut mir leid, entweder habe ich was verpasst, ein Nickerchen zwischendurch eingelegt, ich bin zu mäkelig oder zu altmodisch oder ...? So was muss sich doch langsam im Laufe der Geschichte entwickeln, oder etwa nicht? Eine kleine Berührung hier. Eine kleine Berührung da. Im Krankenhaus zum Beispiel. Dafür war ja aber keine Zeit. Oder kein Platz. Wegen Andrew Milling. Oh, je!
Is das normal?
Und ein weiterer Schnitzer: Das Ende. Sehr enttäuschend. Ich saß im Sessel und dachte: Nee, ne? Das ist doch wohl hoffentlich jetzt nicht das Ende, oder? Aber Tatsache!
Wie endet der Film? Alle Woodwalkers sind vor der Schule versammelt. Carag, der soeben seine Pflegefamilie gerettet hat, steigt aus dem Auto, macht noch einmal dem Hasen-Wandlerjungen(der zu Anfang des Films nicht das Zimmer mit ihm teilen wollte) Angst. (Soll wohl als Scherz gedacht sein) Der weicht erschreckt vor ihm zurück. Schließlich macht Lous Vater, Wapiti-Wandler, der Carags Kampflehrer ist und eigentlich - weil Carag ein Puma ist - ihn nicht leiden kann und ihn von seiner Tochter fernhalten will, die Ghettofaust mit Carag. Wow. Schlimmer geht´s nimmer. Wenn Carag mit seinen Freunden die Ghetto-Faust gemacht hätte - okay. Aber mit einem Erwachsenen? Geht gar nicht. Und das war dann das grandiose Ende.Oh je!
Für ein zufriedenstellendes Ende hätte ich mir eine große Party gewünscht, wo alle zusammen ausgelassen gefeiert hätten. Ohne Erwachsene. Wo Lou vielleicht mit Carag tanzt. Aber wahrscheinlich hätte das auch gar nicht zu den vorangegangen Szenen des Films gepasst. Und vielleicht ist so ein Ende auch für viele Filmemacher einfach nur noch langweilig, weil sie´s schon zu oft gedreht oder gesehen haben. Keine Ahnung.
Fazit
Toller Cast, tolle Natur- und Tieraufnahmen (wenngleich man manchmal nicht wusste, welcher der gezeigten Pumas spricht, da keiner der Pumas das Maul bewegte), schöne Musik, tolle Special-Effects, aufwändig inszeniert, vergeigte Geschichte, zu wenig Zeit, zu wenig Beziehung/Freundschaft, zu viel Andrew Milling, zu viel Natur-/Artenschutz! Zu düster und schwer für den ersten Teil.
Man hätte sich ausschließlich auf Band 1: ' Carags Verwandlung' konzentrieren sollen, statt im ersten Film gleich zwei Bände zusammenzupacken und sich auch wirklich Zeit lassen sollen für alle Woodwalker-Charaktere (ohne Andrew Milling, der nur erst einmal eingeführt hätte werden sollen, ohne zu viel schon von seinen Plänen preiszugeben).
Und ja, trotz all dieser grandiosen Schwächen würde ich gerne noch einen besseren, zweiten Teil sehen.
Und: Bitte, bitte, nehmt euch fürs nächste Mal einen anderen Drehbuchautor! Ach, ja und gleich noch einen anderen Regisseur! Leute, die sich mit Kinder-/Jugendfilmen auskennen und wissen, worauf es ankommt.
Ziemlich hartes Urteil, was ;) Aber vielleicht is´ ja auch der Cutter schuld an allem.
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